[{"label":"Merz Fachkreisportal","isCategory":false,"categoryId":null,"href":"https:\/\/www.merz-fachkreise.de\/","isActive":false},{"label":"Merz Podcast","isCategory":false,"categoryId":null,"href":"https:\/\/www.merz-fachkreise.de\/merz-podcast\/","isActive":false},{"label":"Neurologie","isCategory":true,"categoryId":23,"href":null,"isActive":false},{"label":"Hepatologie","isCategory":true,"categoryId":24,"href":null,"isActive":true},{"label":"Dermatologie","isCategory":true,"categoryId":17,"href":null,"isActive":false}]

Experteninterview mit Prof. Dr. Martina Müller-Schilling, MHBA, Klinikdirektorin Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Regensburg

Die Erstbeschreibung von TP63 und TP73 prägte das p53-Feld entscheidend.
Onkogene und Tumorsuppressorgene treten oft in Familien auf, wie c-myc mit N-myc und L-myc oder H-ras mit K-ras und N-ras. Entsprechend erwartete man dies auch für p53 – das Tumorsuppressorgen, das am häufigsten Ziel genetischer Veränderungen in menschlichen Tumoren ist. Die p53-Familie, kodiert durch TP53, TP63 und TP73, wurde erst 1997 (TP73) und 1998 (TP63) vollständig beschrieben, fast 20 Jahre nach p53. p53, p63 und p73 zeigen teils überlappende, teils eigenständige Funktionen. Mutationen im p63-Gen verursachen Entwicklungsstörungen und Hautfehlbildungen, während p73 für neuronale Entwicklung und Infektabwehr essenziell ist.

p53 gewährleistet als „Wächter des Genoms“ die DNA-Integrität und tritt, wie p63 und p73, in verschiedenen Isoformen auf, die durch multiple Promotoren oder alternatives Spleißen entstehen. Es sind 12 p53-Isoformen bekannt: p53-Volllänge, p53β, p53γ, Δ40p53a, Δ40p53β, Δ40p53γ, Δ133p53a, Δ133p53β, Δ133p53γ, Δ160p53a, Δ160p53β und Δ160p53γ. Die Volllängenform reguliert Zellzyklus, DNA-Reparatur und Apoptose, während die Δ40p53-Isoformen vorrangig Zelltod induzieren. Die Δ133p53- und Δ160p53-Isoformen hingegen wirken anti-apoptotisch und anti-seneszent und fördern pro-onkogene Effekte.

p53 hemmt das Tumorwachstum auf vielfältige Weise. Als Transkriptionsfaktor steuert p53 die Expression von Genen, die Zellzyklusarrest, Apoptose und DNA-Reparatur fördern. Zusätzlich wirkt
p53 antiproliferativ durch transkriptionsunabhängige Mechanismen. Diese
Funktionen sind jedoch beeinträchtigt, wenn TP53 mutiert ist. Im Gegensatz
zu anderen Tumorsuppressorgenen sind TP53-Mutationen meist Missense-Mutationen. Einige p53-Mutationen treten besonders häufig auf und werden als Hotspot-Mutationen bezeichnet. Zudem gibt es Hinweise, dass bestimmte
p53-Mutanten neben Funktionsverlust neue Gain-of-Function Aktivitäten entwickeln, die die Tumorbildung fördern.

p53 wurde bislang als Tumorsuppressor betrachtet, der über die Regulation von Zellzyklusarrest, Apoptose, Seneszenz, Ferroptose und Autophagie das Zellüberleben fördert oder maligne Transformationen begrenzt. Zellseneszenz und Apoptose sind zudem wichtige Faktoren für die Leberfibrose-Entstehung, die durch chronische Entzündung, übermäßige extrazelluläre Matrix (ECM) und Myofibroblastenaktivierung gekennzeichnet ist und infolge chronischer Leberschäden auftritt. Als Hauptregulator von Apoptose und Seneszenz beeinflusst p53 die Fibroblastenaktivierung und ECM-Produktion und spielt somit eine zentrale Rolle in der hepatischen Fibrose-Entstehung und -Progression, wodurch es ein attraktives Ziel für medikamentöse Therapien darstellt.

Die Ursachen der kognitiven Beeinträchtigung bei HE sind noch nicht vollständig geklärt: die Seneszenz von Astrozyten könnte eine Rolle spielen. In Ammoniak-exponierten, kultivierten Astrozyten sowie im post-mortem Gehirngewebe von Patienten mit Leberzirrhose und HE waren Marker für oxidativen Stress, p53 und Seneszenz erhöht (Görg B, J Clin Exp Hepatol. 2018). Die Ammoniak-induzierte Astrozytenseneszenz umfasst die glutaminsyntheseabhängige Bildung reaktiver Sauerstoffspezies, die p53-Aktivierung sowie die Hochregulation von p21 und GADD45a.

Die HE ist eine Komplikation der Leberzirrhose, die oft intensivmedizinisch behandelt werden muss. LOLA kann in der Akuttherapie der HE eingesetzt werden, da es den Harnstoffzyklus durch Bereitstellung von Ornithin aktiviert und gleichzeitig die Glutaminsynthese in Leber, Gehirn und Muskeln fördert, wodurch Ammoniak systemisch entgiftet wird. Eine doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studie (Jain A, Hepatology
2022) zeigte, dass i. v. verabreichtes LOLA in Kombination mit Lactulose
und Rifaximin den HE-Schweregrad und die Mortalität bei Leberzirrhose signifikant senkte. Auch zur Sekundärprophylaxe kann LOLA oral verabreicht werden und halbierte in Studien das Rezidivrisiko für HE.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Professor Müller-Schilling.