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Die ausgewiesene Expertin für Erkrankungen der Leber und Gallenwege, Frau Professor Verena Keitel-Anselmino, hat zum 1. September 2021 den Lehrstuhl für Gastroenterologie, Hepatologie und lnfektiologie an der Medizinischen Fakultät der Otto- von-Guericke-Universität Magdeburg und damit die Leitung der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und lnfektiologie übernommen.

Zu den häufigsten genetisch-bedingten Lebererkrankungen beim Erwachsenen zählen die hereditäre Hämochromatose bzw. der alpha 1 Antitrypsinmangel. Aber auch der Morbus Wilson, die hepatischen Porphyrien, verschiedene Stoffwechsel- und Speichererkrankungen (z.B. Harnstoffzyklusdefekte, M. Gaucher) und eine Vielzahl seltener Krankheitsbilder sind Folge von genetischen Veränderungen. Neben diesen monogenetischen Lebererkrankungen beeinflussen (häufigere) Genvarianten in einer Vielzahl von Genen die Entstehung und/oder den Verlauf deutlich häufigerer Krankheitsbilder wie der Fettlebererkrankung, der Alkohol-induzierten Lebererkrankung oder von Gallensteinleiden.

Die Mutation im HFE-Gen findet sich auf einem Allel bei circa 6% der deutschen Bevölkerung, so dass mit ungefähr 0,4% homozygoten Anlageträgern zu rechnen ist. Allerdings entwickelt nur ein Teil der Betroffenen eine Hämochromatose. Eine Mutation im SERPINA1 Gen lässt sich bei circa 1-2% der deutschen Bevölkerung nachweisen. Homozygote Anlageträger entwickeln einen alpha-1 Antitrypsinmangel. Hierbei fehlt einerseits alpha-1 Antitrypsin in der Lunge und es kann zu Ablagerung von fehlgefaltetem alpha-1 Antitrypsin in der Leber mit konsekutiver Ausbildung einer Leberzirrhose kommen. In der Hepatologie spielen außerdem seltenere genetische Erkrankungen wie der Morbus Wilson, die Stoffwechsel- und Speichererkrankungen oder die Poryphyrien eine Rolle. Ich persönlich interessiere mich insbesondere für angeborene Veränderungen in Genen, die für die Gallebildung in der Leber eine Rolle spielen. Varianten in Cholestase-assoziierten Genen können hierbei ein breites Spektrum an Erkrankungen auslösen, das von Leberwerterhöhung, Schwangerschaftscholestase und Gallensteinleiden bis hin zu schweren Verläufen wie Leberzirrhose, hepatobiliäre Tumore oder den bereits bei Säuglingen auftretenden progressiven familiären intrahepatischen Cholestasen (PFICs) reicht.

Auch die angeborenen Lebererkrankungen können zur Ausbildung von Leberfibrose und -zirrhose fortschreiten. Bei einer Reihe von Stoffwechselerkrankungen ist außerdem das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms auch in Abwesenheit einer Leberzirrhose erhöht.

Das ist abhängig von der Erkrankung und teilweise recht unspezifisch. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen. Bei einem Patienten/In mit Gallensteinleiden und Gallenstein-induzierter Kolik, denken Sie an ein Low-Phospholipid-Associated Cholelithiasis Syndrom (LPAC), wenn die Person, weiblich ist, jung ist (20-40 Jahre alt) und erneute Beschwerden nach Cholezystektomie entwickelt. Hier findet sich bei circa 50% der Betroffenen eine Genvariante im ABCB4-Gen. Auch bei einer Schwangerschaftscholestase, die sich durch Juckreiz äußert und mit Leberwerterhöhung einhergehen kann, ist insbesondere bei schwerer Verlaufsform (d.h. hohen Serumgallensäuren) oder frühem Auftreten innerhalb der Schwangerschaft an eine genetische Prädisposition zu denken.

In vielen Fällen handelt es sich um eine Ausschluss-Diagnose, dies gilt insbesondere für erwachsene Patienten. Die Wahrscheinlichkeit eine Fettlebererkrankung, einen medikamentös-toxischen oder auch Alkohol-induzierten Schaden zu haben, ist um ein Vielfaches höher. Daher sollte eine rationale Stufendiagnostik erfolgen. Bei Neugeborenen und Kleinkindern ist das anders, insbesondere wenn Warnsymptome wie Ikterus auftreten. Hier kommt der Abklärung einer möglichen genetischen Ursache ein deutlich höherer Stellenwert zu.

Hier würde ich eine Therapie der Grunderkrankung von Therapien der Komplikationen der fortgeschrittenen Lebererkrankung unterscheiden wollen. Eine kurative Therapie der Grunderkrankung ist bisher kaum verfügbar. Allerdings kann bei der hereditären Hämochromatose die Aderlasstherapie ein Fortschreiten der Erkrankung deutlich reduzieren. Auch für andere angeborene Lebererkrankungen sind therapeutische Ansätze verfügbar (z.B. Enzymersatztherapie, Nitisinon bei Tyrosinämie, Chelatoren bei Morbus Wilson). Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Zulassung von Givosiran als siRNA Therapie für die akute intermittierende Porphyrie und die Vorstellung der ersten Studienergebnisse zur Gentherapie bei Patienten mit Crigler Najjar Syndrom.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Professor Keitel-Anselmino.