Experteninterview mit Prof. Elke Roeb, Abteilungsleiterin SP Gastroenterologie / Professur für Innere Medizin, Schwerpunkt Gastroenterologie an der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Gießen.
Die frühere Bezeichnung NAFLD wurde seit Jahren als suboptimal und stigmatisierend angesehen. Dies führte zur Durchführung eines Delphi-Verfahrens mit weltweitem Einschluss von Interessengruppen (darunter auch Mitglieder der DGVS), einschließlich einer starken Patienten-Vertretung.
Hauptziel war es, einen Begriff für steatotische Lebererkrankungen zu schaffen, der neben metabolischen auch alkoholbedingte Lebererkrankungen, Mischformen sowie seltene und genetische Ursachen umfasst.
Die Einführung der Bezeichnung MASLD für Fettlebererkrankungen machte auch für die DGVS eine Aktualisierung der Empfehlungen aus der kürzlich erschienen S2k-Leitlinie „Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)“ notwendig [1].
Die globale Prävalenz von MASLD bei Erwachsenen ist in den letzten 3 Jahrzehnten von 17,6% (1990) auf über 30% gestiegen [2]. In Mitteleuropa gehen wir von 25% MASLD-Patienten aus. Diese Zahlen haben wichtige politische Auswirkungen für die betroffenen Länder und für die globale Gesundheit insgesamt. Die Diagnose und Behandlung der MASLD stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Gründe dafür sind die mangelnde Übereinstimmung bei den Diagnoseinstrumenten, die Schwierigkeiten bei der Identifizierung der Symptome und der Bestimmung ihrer Ursachen, das Fehlen zugelassener pharmakologischer Therapien und das geringe Bewusstsein für die Krankheit. Rasche Diagnose und Behandlung sind jedoch entscheidend, um zu verhindern, dass die MASLD zu Fibrose und Zirrhose fortschreitet.
Umweltfaktoren, sitzende Tätigkeit, Genetik, Hyperalimentation und industriell verarbeitete Kost beeinflussen das Adipositasrisiko und die damit verbundenen systemischen Erkrankungen, einschließlich der MASLD. Die Leber spielt eine zentrale Rolle bei Stoffwechsel- und Entgiftungsprozessen. Bestimmte Substanzen reichern sich im Parenchym der Fettleber an, induzieren eine Inflammation und unterhalten eine chronische, niedriggradige Entzündung, insbesondere auch eine Insulinresistenz, die für die Entstehung von MASLD entscheidend ist.
Durch Ernährungsumstellung mit Gewichtsreduktion und körperliche Aktivität können die Transaminasen und die Leberhistologie verbessert werden. Zurzeit gibt es keine für die Indikation MASLD zugelassenen Medikamente. Versagen bei schwerer Adipositas gewichtsreduzierende Diäten und eine Veränderung des Lebensstils, sollen auch eine bariatrische Operation oder endoskopische bariatrische Eingriffe in Erwägung gezogen werden [1].
Risikopatienten – also Patienten mit Typ-2-Diabetes, metabolischem Syndrom, BMI ≥30 kg/m² oder arterieller Hypertonie – sollten mittels Lebersonographie oder nicht-invasiven Scores auf das Vorliegen einer MASLD untersucht werden, insbesondere, wenn erhöhte Transaminasen vorliegen. Der Fatty-Liver-Index FLI, ein Score aus BMI, Gamma-GT, Taillenumfang und Triglyzeriden kann für die Diagnose einer Steatose der Leber herangezogen werden. Die ultraschallbasierte Scherwellen-Elastografie dient dem Ausschluss einer fortgeschrittenen Leberfibrose und Leberzirrhose. Erweiterte Diagnostik und Risiko-Stratifizierung gehören in die Hände erfahrener Gastroenterologen und Hepatologen.
MASLD oder MASH (metabolic dysfunction-associated steatohepatitis) können zu Leberfibrose und zu Zirrhose mit den jeweiligen Komplikationen wie z.B. Aszites, Ösophagusvarizenblutung und auch zu einer HE führen. Therapeutisch orientieren wir uns hier an der Leitlinie „Komplikationen der Leberzirrhose“, AWMF Nr. 021-017 [3]. Lactulose soll als Medikament der ersten Wahl zur Therapie einer overten HE-Episode eingesetzt werden. Die intravenöse Gabe von verzweigtkettigen Aminosäuren kann zusätzlich oder alternativ bei Patienten, die nicht auf eine Lactulose-Therapie angesprochen haben, in der Akuttherapie der HE eingesetzt werden. Intravenös appliziertes L-Ornithin-L-Aspartat kann ebenfalls zusätzlich oder alternativ bei einer akuten HE-Episode gegeben werden. Der Grad der Leberfibrose bei MASH-Patienten ist als unabhängiger Faktor mit Mortalität, Lebertransplantation und leberbezogenen Folgekrankheiten assoziiert. Je nach Fibrosestadium haben Patienten mit MASLD im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine erhöhte leberbedingte und Gesamtmortalität.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Professor Roeb.