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Die dekompensierte Leberzirrhose entwickelt sich bei einigen Patienten schnell zu einem akut-auf chronischen Leberversagen (ACLF) bei anderen nicht. Was steckt dahinter? Gibt es präzipitierende Faktoren? Diesen und weiteren Fragen ist Prof. Jonel Trebicka aus Frankfurt mit Kollegen und Kolleginnen in ganz Europa im Rahmen der PREDICT-Studie1 nachgegangen.

Die Studie PREDICT ist eine multizentrische Studie, die wir an 47 Universitätsklinika in Europa durchgeführt haben. Ziel war es, das akut-auf-chronische Leberversagen (ACLF) besser zu verstehen. Dazu haben wir 1273 Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose untersucht. Von diesen Patienten wurden klinische Daten und Laborparameter analysiert, um die Entwicklung eines ACLF zu erfassen. Das Besondere an dieser Studie ist, dass wir auch Biomaterial gesammelt haben. So konnten wir vor allem die kritische Periode vor der Entwicklung eines ACLF gut charakterisieren.

Zu den Ergebnissen der PREDICT-Studie haben wir inzwischen zwei Publikationen veröffentlicht. Im ersten Teil konnten wir bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose, aber ohne ACLF drei verschiedene klinische Verlaufsformen charakterisieren: Bei der ersten Form entwickeln die Patienten innerhalb von 90 Tagen ein ACLF. Die Mortalitätsrate dieser Pre-ACLF Patienten ist dramatisch hoch, 54 % in drei Monaten nach akuter Dekompensation. Maßgeblicher Mechanismus ist die systemische Inflammation (hohe Entzündungswerte), die vermutlich zu Multiorganversagen führt.

Bei der zweiten Verlaufsform – als instabile dekompensierte Leberzirrhose bezeichnet – entwickeln die Patienten zwar kein ACLF, aber schwere Komplikationen durch die portale Hypertension. Rund 20 % von ihnen versterben innerhalb der folgenden drei Monate.

Bei der mit 60% der Patienten größten Gruppe war die Dekompensation der Leberzirrhose stabil.  Bei ihnen trat kein ACLF auf und sie zeigten weder hohe Entzündungswerte noch andere Komplikationen. Trotzdem liegt die Mortalitätsrate bei diesen Patienten bei 10 % im ersten Jahr.

Im zweiten Teil der Studie sind wir der Frage nachgegangen, was zu den unterschiedlichen Verläufen führt. In diesen Teil der Untersuchung waren sowohl Patienten mit als auch ohne ACLF eingeschlossen. Wir konnten die vier wichtigsten präzipitierende Faktoren identifizieren: gesicherte bakterielle Infektion, schwere Alkoholhepatitis, gastrointestinale Blutung mit Schock, und eine toxische – durch Medikamente verursachte – Enzephalopathie. Diese vier Trigger lösen eine schwere systemische Inflammation aus und damit die ACLF. Bei 96 % der Patienten wurden die gesicherte bakterielle Infektion und die schwere Alkoholhepatitis – einzeln oder in Kombination – als präzipitierende Faktoren identifiziert.

PREDICT ist eine multizentrische, internationale Studie in Europa. Dass garantiert belastbare Ergebnisse, die auf die klinische Situation übertragen werden können.

Die wichtigste klinische Relevanz aus dieser Studie ist die Prävention. Durch Charakterisierung der verschiedenen Krankheitsverläufe können wir ACLF prävenieren. Zusätzlich haben wir die vier wichtigsten Trigger der Erkrankung identifiziert, die behandelt werden müssen.

Zusätzlich haben wir gelernt, dass wir vor allem wesentlich mehr gegen die bakterielle Infektion tun müssen. Wir müssen schnell und breit therapieren und dürfen bei diesen vulnerablen Zirrhose-Patienten nicht an Antibiotika sparen. Wir sprechen hier von einer sehr hohen Mortalität.

Vielen Dank, Herr Professor Trebicka, für das Gespräch.