[{"label":"Merz Fachkreisportal","isCategory":false,"categoryId":null,"href":"https:\/\/www.merz-fachkreise.de\/","isActive":false},{"label":"Merz Podcast","isCategory":false,"categoryId":null,"href":"https:\/\/www.merz-fachkreise.de\/merz-podcast\/","isActive":false},{"label":"Neurologie","isCategory":true,"categoryId":23,"href":null,"isActive":false},{"label":"Hepatologie","isCategory":true,"categoryId":24,"href":null,"isActive":true},{"label":"Dermatologie","isCategory":true,"categoryId":17,"href":null,"isActive":false}]
Portrait von Prof. Dr. med. Christian Lange

Experteninterview mit Univ. Prof. Dr. med. Christian Lange, Leiter des Bereiches Hepatologie und Transplantation, Leber Centrum München, Leiter der Arbeitsgruppe Komplikationen der Leberzirrhose und Lebertransplantation an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am LMU Klinikum München.

Trotz erheblicher Fortschritte ist die optimale Versorgung von Patient*innen in der Theorie besser möglich als es in der Praxis aus unterschiedlichen Gründen einfach zu realisieren ist. Im Vordergrund der Versorgung steht die Verhinderung der Dekompensation z. B. durch Therapie der zugrunde liegenden Erkrankung sowie Verhinderung von Komplikationen.

In den letzten Jahren kam es erfreulicherweise zu erheblichen Fortschritten im Verständnis der Pathogenese und des klinischen Verlaufs der Leberzirrhose und damit verbunden auch zu verbesserten therapeutischen Möglichkeiten. Diese beinhalten unter anderem neue Konzepte zur ätiologischen Heilung, zur Verhinderung der ersten und weiterer Dekompensationsereignisse oder zur Bedeutung von Zirrhose-assoziierten Organversagen. Es ist sehr wichtig, diese Erkenntnisse den Patient*innen mit Zirrhose in der Breite zukommen zu lassen.

Ein wichtiger Aspekt ist die sogenannte ätiologische Heilung der Patient*innen. Dies bedeutet, dass eine erfolgreiche Heilung der Grunderkrankung (zum Beispiel eine antivirale Therapie einer chronischen Virushepatitis), die zur Zirrhose geführt hat, auch bei Patient*innen mit bereits dekompensierter Zirrhose wichtig ist, da hiermit das Risiko weiterer Dekompensationen und auch die Mortalität reduziert werden können. Eine wichtige Erkenntnis ist auch, dass bestimmte Medikamente – in erster Linie nicht-selektive Betablocker (z. B. Carvedilol), wahrscheinlich aber auch Statine – bei Patient*innen mit signifikanter portaler Hypertension das Risiko der Dekompensation der Zirrhose reduzieren können. Weiterhin ist an dieser Stelle die Bedeutung des transjugulären intrahepatischen portosystemischen Stentshunts (TIPS) hervorzuheben, mit dem bei selektierten Patient*innen mit Aszites oder Varizenblutungen nicht nur eine gute Symptomkontrolle, sondern auch eine Verlängerung der Überlebenszeit erreicht werden kann.

Die Versorgung von Patient*inne mit Leberzirrhose kann sehr zeitintensiv sein, wobei die Vergütung nicht immer kostendeckend ist. Gerade im ambulanten Bereich ist es daher nicht immer einfach, eine optimale spezialisierte Medizin, die das Einfließen der neuesten medizinischen Erkenntnisse in die konkrete Behandlung der Patient*innen ermöglicht, zu gewährleisten. Eine weitere große Herausforderung ist der aus meiner Sicht nicht optimale Zugang von Patient*innen zur Lebertransplantation, dessen Hauptursache die im europäischen Vergleich überproportional geringe Spendenbereitschaft in Deutschland ist.

Ösophagusvarizen können schon bei Patient*innen mit kompensierter Leberzirrhose auftreten und gelegentlich zu Blutungen führen. Aszites ist oft die erste Komplikation, die den Übergang von der kompensierten zur dekompensierten Zirrhose und damit einen prognostischen Meilenstein anzeigt. Ein weiterer Meilenstein ist erreicht, wenn es zu Zirrhose-assoziierten Organversagen wie dem hepatorenalen Syndrom (HRS) oder der HE kommt, da diese mit einer weiteren Steigerung der Mortalität assoziiert sind. Darüber hinaus führt die HE auch zu einer relevanten Einschränkung der Lebensqualität.

Wie schon erwähnt, ist die HE sowohl mit einer erhöhten Mortalität als auch mit einer deutlich eingeschränkten Lebensqualität assoziiert. Es ist daher wichtig, bei Patient*innen mit Leberzirrhose gezielt nach dem Vorliegen einer HE zu suchen, deren Auslöser zu identifizieren und zu korrigieren und eine suffiziente Therapie der manifesten HE einzuleiten. Ist dies gelungen, sind in der Regel Medikamente zur Rezidivprophylaxe der HE indiziert. Es gibt hierfür mehrere gute medikamentöse Therapieoptionen. Lactulose ist die Basis der medikamentösen Therapie sowohl zur Therapie der manifesten HE als auch zur Rezidivprophylaxe. Auch L-Ornithin-L-Aspartat kann zur Therapie und Rezidivprophylaxe der HE zum Einsatz kommen. Rifaximin hat einen Stellenwert vor allem in der Rezidivprophylaxe. Da sich ihre Wirkmechanismen ergänzen, können diese Medikamente auch in Kombination eingesetzt werden. Neben der medikamentösen Therapie ist eine Ernährungstherapie wichtig, da ein Zirrhose-assoziierter Abbau der Skelettmuskulatur die HE begünstigt. Patient*innen mit Zirrhose und HE sollten daher relativ energie- und eiweißreich ernährt werden.

Vielen Dank, Herr Professor Lange, für das Gespräch.